Hashimoto ist eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen, aber immer noch ist viel über diese Krankheit unklar und die Behandlung reicht oft nicht aus.
In letzter Zeit wird jedoch ein neuer möglicher Auslöser diskutiert: das Mikrobiom im Dünndarm. Genauer gesagt geht es um SIBO (Small Intestinal Bacterial Overgrowth) – einen übermäßigen Bakterienwachstum im Dünndarm.
Warum ist das ein neues Thema?
Bisher haben fast alle Mikrobiom-Studien den Dickdarm untersucht (meist durch Stuhlproben). Erst seit kurzem schaut man sich auch das Mikrobiom im Dünndarm genauer an, und zwar über Dünndarmflüssigkeiten. Eine Studie (1), die auf der ENDO 2025 (2) vorgestellt wurde, zeigt: Menschen mit Hashimoto haben viel häufiger SIBO – selbst wenn ihre Schilddrüsenwerte im Normbereich liegen.
Was ist SIBO?
SIBO steht für „Small Intestinal Bacterial Overgrowth“, was bedeutet, dass sich zu viele Bakterien im Dünndarm ansiedeln, die dort normalerweise nur in kleinen Mengen vorkommen.
Typische Symptome von SIBO sind:
- Blähbauch (besonders nach dem Essen)
- Völlegefühl, Übelkeit
- Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung
- Nährstoffmängel (z.B. Eisen, B12, Zink, Selen)
Warum tritt SIBO bei Hashimoto häufiger auf?
Hashimoto kann den Darm langsamer machen (reduzierte Beweglichkeit), wodurch Bakterien mehr Zeit haben, sich zu vermehren. Chronische Entzündungen und eine veränderte Immunreaktion können die Darmwand schwächen, was als „Leaky Gut“ bekannt ist. SIBO stört die Aufnahme wichtiger Nährstoffe, was auch die Wirkung von L-Thyroxin beeinflussen kann!
Was zeigen die Ergebnisse?
Menschen mit Hashimoto haben eine 2,4-mal höhere Wahrscheinlichkeit, SIBO zu entwickeln, als Menschen ohne diese Krankheit. Selbst wenn der TSH-Wert gut eingestellt ist, ist das Bakterienprofil im Dünndarm oft verändert. Patienten, die L-Thyroxin einnehmen, haben ein deutlich geringeres Risiko für SIBO.
Was bedeutet das für die Praxis?
Wenn jemand mit Hashimoto trotz Behandlung weiterhin Beschwerden hat, sollte ein SIBO-Atemtest in Betracht gezogen werden (H2/Methan-Test).
Mögliche Therapieansätze sind:
- Antibiotika (z.B. Rifaximin)
- Medikamente, die die Verdauung anregen (Prokinetika)
- SIBO-orientierte Diäten wie Low-FODMAP (3)
Wichtig ist auch, regelmäßig Mikronährstoffe zu überprüfen, vor allem Selen, Zink, Eisen, B12 und Jod.
Wurde das Mikrobiom im Dünndarm bei Hashimoto bisher unterschätzt?
Es könnte sein, dass SIBO ein fehlendes Puzzlestück ist – besonders bei Menschen, die viele Symptome haben, aber „gute“ Blutwerte. Wer Hashimoto hat und mit chronischen Magen-Darm-Beschwerden, Nährstoffmängeln oder Müdigkeit zu kämpfen hat, sollte vielleicht auch das Mikrobiom im Dünndarm im Blick behalten.
Aber ob die Ärzte das auch berücksichtigen? Ich bezweifle es ehrlich gesagt.
(1) Nancy A. Melville: Hypothyroidism Linked to Gut Microbiome Disturbances, Medscape-Artikel.
(2) ENDO ist der jährliche US-Fachkongress der Endocrine Society, bei dem aktuelle Studien zu Hormon- und Stoffwechselerkrankungen vorgestellt werden.
(3) Die Low-FODMAP-Diät hilft, bestimmte Zuckerarten zu vermeiden, die Verdauungsprobleme verursachen können. Sie wird oft bei Reizdarm oder anderen Verdauungsstörungen eingesetzt.
Warum ich den Hashimoto-Guide geschrieben habe: Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie belastend die Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis sein kann – und wie schwer es ist, verlässliche Informationen zu finden. Mein Ziel ist es, Betroffenen fundiertes Wissen an die Hand zu geben, das verständlich, gut belegt und im Alltag hilfreich ist. Alle Inhalte basieren auf aktuellen wissenschaftlichen Studien, medizinischen Leitlinien und fachärztlicher Literatur – aber ich schreibe sie so, wie ich es mir selbst kurz nach meiner Diagnose gewünscht hätte: Klar, einfühlsam und auf Augenhöhe. ✅ Eine Übersicht meiner Blogartikel zu Forschungsergebnissen finden Sie hier: Wissenschaft & Forschung im Hashimoto-Guide