Bei annähernd jedem vierten Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankten treten weitere Autoimmunerkrankungen auf.
Mit dem Diabetes Typ I, der perniziösen Anämie, dem Sjögren-Syndrom und dem Morbus Addison stelle ich einige davon nachfolgend vor. Diese Begleiterkrankungen können den Verlauf und die Therapie zusätzlich beeinflussen – umso wichtiger ist eine frühzeitige Diagnose und ganzheitliche Betreuung. Auch weniger bekannte Autoimmunerkrankungen sollten bei anhaltenden Beschwerden mit in Betracht gezogen werden.
Diabetes Typ I
Bei dieser Form der Zuckerkrankheit die zumeist bereits im Kindes- und Jugendalter beginnt sind Autoantikörper nachweisbar welche sich negativ auf die körpereigene Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse auswirken und diese vollständig zum Erliegen bringen. Beim Typ-1-Diabetes handelt es sich also ebenfalls um eine Autoimmunerkrankung. Mögliche Krankheitssymptome sind Gewichtsabnahme, verstärkter Durst und ungewohnt häufiges Wasserlassen. Die Erkrankung kann bislang nicht ursächlich behandelt werden, sondern die Therapie besteht im Ersatz des Hormons Insulin in Form von Insulinpräparaten. Typ-1-DiabetikerInnen haben ein deutlich erhöhtes Risiko an einer Hashimoto-Thyreoiditis zu erkranken.
Perniziöse Anämie
Die perniziöse Anämie, auch bekannt als Autoimmungastritis, ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Magenschleimhaut, die durch eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems ausgelöst wird. Dabei richten sich Autoantikörper gegen die Belegzellen der Magenschleimhaut, welche unter anderem für die Produktion des sogenannten Intrinsic Factors verantwortlich sind – ein Eiweiß, das für die Aufnahme von Vitamin B12 im Dünndarm unerlässlich ist. Die Erkrankung tritt nicht selten gemeinsam mit anderen Autoimmunerkrankungen auf, beispielsweise der Hashimoto-Thyreoiditis.
Durch die Schädigung der Magenschleimhaut und den Mangel an Intrinsic Factor kommt es langfristig zu einem Vitamin-B12-Mangel. Dieser kann eine sogenannte megaloblastäre Anämie – eine besondere Form der Blutarmut – verursachen, bei der die roten Blutkörperchen vergrößert und in ihrer Funktion beeinträchtigt sind.
Typische Symptome einer perniziösen Anämie können vielfältig sein. Häufig klagen Betroffene über gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Völlegefühl, Blähungen oder Durchfall. Auch Veränderungen im Mund- und Rachenraum, wie eine gerötete, glatte Zunge (Hunter-Glossitis) und Zungenbrennen, können auftreten. Zusätzlich kann es zu neurologischen Missempfindungen wie Kribbeln, Taubheitsgefühlen oder einer allgemeinen Hautempfindlichkeit kommen. Aufgrund der entstehenden Blutarmut können weitere Symptome wie Blässe, allgemeine Schwäche, Schwindel und eine verminderte körperliche Leistungsfähigkeit beobachtet werden.
Da die Ursache der Erkrankung nicht heilbar ist und die Aufnahme von Vitamin B12 über die Nahrung durch den Mangel an Intrinsic Factor dauerhaft gestört bleibt, ist eine lebenslange Substitution von Vitamin B12 notwendig – meist in Form von Injektionen, seltener in hoher oraler Dosierung.
Sjögren-Syndrom
Das Sjögren-Syndrom kommt ebenfalls zuweilen gemeinsam mit der Hashimoto-Thyreoiditis vor. Beim Sjögren-Syndrom handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der die Abwehrzellen des Immunsystems die Speichel- und Tränendrüsen angreifen. Die Krankheit ist nach dem schwedischen Augenarzt Henrik Sjögren (1899 – 1986) benannt, der sie 1933 als erster beschrieb. Das Sjögren-Syndrom führt insbesondere zu trockenen Augen und Mundtrockenheit. Darüber hinaus kann es zu trockenen Nasenschleimhäuten und geschwollene Ohrspeicheldrüsen kommen. Neben der medikamentösen Therapie können eine sorgfältige Mundhygiene, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und speichelanregende Maßnahmen (saure Speisen, Kaugummi) sowie das Tragen einer Sonnenbrille und Augenspülungen die Symptome etwas lindern.
Morbus Addison
Das gleichzeitige Auftreten von Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Addison wird auch als Schmidt-Syndrom (polyendokrines Autoimmun-Syndrom, autoimmune polyglanduläre Insuffizienz) bezeichnet. Benannt ist dieses Krankheitsbild nach dem deutschen Pathologen Martin B. Schmidt (1863 – 1949), der es 1926 als erster beschrieb. Unter Morbus Addison (primäre Nebennierenrindeninsuffizienz) versteht man eine Erkrankung der beiden Nebennieren, die wie Polkappen auf den Nieren liegen.
Die Nebennieren sind kleine Hormondrüsen die aus dem Nebennierenmark und der Nebennierenrinde bestehen. Im inneren Nebennierenmark werden die Hormone Adrenalin und Noradrenalin hergestellt. In der äußeren Nebennierenrinde werden die Hormone Cortisol und Aldosteron produziert. Das Cortisol ist u.a. wichtig für die Kohlehydrat-Verwertung (Zuckerstoffwechsel) und den Fettstoffwechsel. Die Regulation des Wasser- und Elektrolyt-Haushaltes (Kalium, Natrium) erfolgt mit Hilfe des Aldosterons.
Benannt ist der Morbus Addison nach dem englischen Mediziner Thomas Addison (1793 – 1860), der diese Krankheit 1855 erstmals beschrieb. Treten der Morbus Addison und die Hashimoto-Thyreoiditis als Kombination auf, wird der Morbus Addison in der Regel ebenfalls durch einen Autoimmunprozess verursacht. Im Krankheitsverlauf kommt es durch die Zerstörung der Nebennierenrinde zu einem Mangel der von ihr normalerweise produzierten Hormone Cortisol und Aldosteron. Das führt zu Krankheitssymptomen wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust sowie Schwäche, Infektanfälligkeit und abnehmender Leistungsfähigkeit. Behandelt wird der Morbus Addison mit dem lebenslangen, medikamentösen Ersatz der fehlenden Hormone.